Jäger und Waffenrecht - Schweigen ist Zustimmung

Das deutsche Waffenrecht ist nach einer Verschärfung 2008 zuletzt 2009 erneut verschärft worden und stellt inzwischen eine der weltweit restriktivsten Regelungen privaten Legalwaffenbesitzes dar. Nicht nur Restriktionen, sondern auch die inzwischen entstandene Rechtsunsicherheiten belasten nicht nur Legalwaffenbesitzer, sondern auch Behörden.

So besteht nicht nur häufig Unklarheit hinsichtlich des Führens von Messern, da seit 2008 eine ganze Reihe von Messern (nicht nur solche über 12 cm Klingenlänge oder Klappmesser mit Einhandmechanismus) außerhalb der unmittelbaren Jagdausübung oder zu anderen sozialadäquater Zwecken nicht mehr geführt werden dürfen, ohne dass trennscharf definiert wäre, welche zulässig sind und welche nicht. Besonders die Möglichkeit der Behörden seit 2009 die Wohnung von Legalwaffenbesitzern anlasslos zum Zwecke der Kontrolle betreten zu können, auch wenn die ordnungsgemäße Aufbewahrung mittels Foto und Kaufquittung eines zugelassenen Waffenschrankes belegt wurde, löste Kritik und Zweifel an der Grundgesetzkonformität dieser Bestimmung aus. Als gravierender zu bewerten ist jedoch die bestehende Unsicherheit dahingehend, welche Gründe zur Verweigerung einer solchen anlasslosen Kontrolle berechtigen. Obwohl der Gesetzgeber diese Möglichkeit theoretisch vorsieht, hat er sie – ähnlich wie die zum Führen verbotenen Messer – nicht definiert und somit der Einzelfallentscheidung von Beamten und in einigen Fällen auch bereits von Gerichten überlassen. Letztlich werden also Gerichte in Einzelfällen entscheiden müssen, ob eine Verweigerung rechtmäßig war oder nicht – und damit auch, ob der Waffenbesitzer seine Zuverlässigkeit und damit seine waffenrechtliche Erlaubnis, seine in der Regel wertvollen Waffen und die Jagdpachtfähigkeit behält oder alles ersatzlos verliert.


Mit den gesetzlichen Regelungen, bei denen noch lange nicht das Ende erreicht zu sein scheint wie parlamentarische Anfragen und Programme der SPD, der Grünen und der Linkspartei zeigen, die weiterhin Waffen (nicht nur Kurzwaffen) und/oder Munition komplett aus Privathaushalten verbannen wollen, ist es nicht genug. In der öffentlichen Diskussion und auch in meinungsführenden und auflagenstarken Medien weht den Waffenbesitzern ein kräftiger Wind entgegen. Die Bandbreite reicht von Lächerlichmachung („Waffennarren“ schreibt z.B. der Stern, „Peng Gang“ titelt die tageszeitung) bis hin zur Stigmatisierung der Waffenbesitzer als potenziell gefährlich. Selbst Behörden, nicht nur die Mini-Gewerkschaft „Bund Deutscher Kriminalbeamter“ vertreten u.a. anlässlich von faktisch meist wirkungslosen Waffenvernichtungsaktionen die Position „Jede Waffe weniger macht Deutschland sicherer“.


Diese These von der grundsätzlichen Gefährlichkeit ist nicht nur wissenschaftlich nicht belegbar, sondern wird im Gegenteil von Wissenschaftlern und Praktikern heftig bestritten: So konstatiert das Bundeskriminalamt: „Das Gefahrenpotential der Waffenkriminalität liegt in Deutschland schwerpunktmäßig im illegalen Besitz und Führen von Waffen. Allerdings ist die Anzahl der Straftaten unter Verwendung von Schusswaffen seit dem Jahr 2005 rückläufig, zudem kamen in rund 74% der Fälle des Berichtsjahres [2007] überwiegend erlaubnisfreie Schusswaffen wie Gas-/Alarm- und Luftdruckwaffen zum Einsatz.“ Und eine Stellungnahme des Instituts für Rechtspsychologie an der Universität Bremen erläuterte 2008: „unter kriminalpräventiven und rechtspsychologischen Gesichtspunkten stellen Legalwaffenbesitzer keine Gefahr für die Innere Sicherheit dar“.


Dennoch geht die fatale Diskussion um den privaten Besitz – meist ohne Abstützung auf Fakten – weiter und es gedeihen Stilblüten wie die Beschäftigung von 400-Euro-Kräften als Waffenkontrolleure oder die Erhebung von rund 150 Euro pro anlassloser Kontrolle vom Waffenbesitzer selbst. Schlimmer: Organisationen von Jagdgegnern haben die Waffenrechtsthematik aufgegriffen und die Diskussion mit teils erheblich verzerrenden Statistiken von Unfällen bzw. Gewalttaten mit Jagdwaffen verschärft um explizit die Gefährlichkeit der Jagd und Jagdwaffen zu „beweisen“.


Allerdings muss man feststellen, dass insbesondere Jäger sich häufig dem Irrglauben hingeben, bestehende und mögliche weitere waffenrechtliche Restriktionen gingen sie nichts an und seien eher auf Sportschützen und allenfalls noch Sammler anwendbar oder die jagdlichen Verbände würden „es schon richten“. Statt dessen stellt diese Entwicklung eine stärkere Bedrohung der Jagd dar, als es etwa in den 80er Jahren die vielen Demonstranten gegen die kommerziellen Jagdmessen waren oder die vereinzelt noch tätigen politisch motivierten Jagdstörer. Diese erklärten Jagdgegner konnten sich weder auf eine starke politisch-parlamentarische Unterstützung verlassen, noch auf in eine ähnliche Richtung argumentierende Behörden oder relevante Medien. Zwar kommen einige der neueren jagdrechtlichen Bestimmungen aus dieser Richtung (wie etwa das Verbot der Fallenjagd, das Verbot der Ausbildung von Hunden an lebenden Tieren oder die extensive Ausdehnung von Schonzeiten z.B. beim Fuchs bis hin zur Totalverweigerung, den Wolf irgendwann ins Jagdrecht aufzunehmen). Aber es gibt keine Partei, die die Jagd prinzipiell erklärtermaßen offen ablehnt und bekämpft.


Zu häufig verkennen Jäger und durchaus auch die Jagdwaffenindustrie (Hersteller und Handel) sowie die Jagdzeitschriften die Brisanz der waffenrechtlichen Entwicklung, die absolut geeignet ist, die Jagd als solche nachhaltig zu behindern, z.B. durch das Verbot der Lagerung von Waffen und/oder Munition in Privathaushalten, die teure komplette Nachrüstung aller einzelnen Waffen und Schränke mit biometrischen Systemen, die weitere Erhöhung und verstärkte Erhebung (z.B. bei Kontrollen) von Gebühren, ein entfallendes Bedürfnis für Kurzwaffen und/oder bestimmte Langwaffen (z.B. Selbstlader) oder Kontigentierungen. Sicher könnte man unter fast allen Bedingungen noch irgendwie jagen, schließlich hat es auch die private Jagd in der DDR gegeben und mit der Jagd sind zwangsläufig für die Allgemeinheit wichtige und bekannte Aufgaben verbunden wie die Entsorgung von Fallwild, das „Management“ von Schalenwild zur Eindämmung von Schäden an Land- und Forstwirtschaft oder die Bekämpfung von Tollwut, die irgend jemand erledigen muss, wenn man nicht, wie im Kanton Genf geschehen, komplett auf teure Berufsjäger ausweichen will. Aber eine unfreie Jagd, eine Jagd unter dem Generalverdacht des Waffenmissbrauchs ist nicht die Jagd, die wir heute (noch) gewohnt sind und sie ist – wenn sie durch bizarre waffenrechtliche Auflagen mitbestimmt ist – wie in Teilen der USA, in Australien oder Großbritannien – auch nicht uneingeschränkt nach deutschem Verständnis waidgerecht (z.B. Verbot von Büchsen) oder pragmatisch (z.B. die Fragen, ob, wann, wo und mit welchem Vorlauf Jäger Waffen und Munition abholen und wieder abgeben sollen, die z.B. auf Morgen- oder Abendansitz wollen). Von daher verwundert es, dass sich nicht mehr Jäger in geeigneten Waffenrechtsorganisationen engagieren oder – durchaus auch in ihren Zusammenschlüssen – deutlicher und häufiger zu den Auswirkungen des Waffenrechts artikulieren. In so einem öffentlichen Diskurs kommt es auf jede einzelne Stimme an.